Gibt es Menschen, die resistent gegen Kommunikationsversuche sind?

Gibt es Menschen, die nicht zur Kommunikation fähig sind? Wie kann ich Gewaltfreie Kommunikation in Gesprächen einfliessen lassen? Diese Fragen hat mir jemand in der Umfrage zum Newsletter gestellt und ich möchte sie gerne hier beantworten.

Alle Menschen kommunizieren - ständig

Es gibt keine Menschen, die nicht kommunizieren können. Kommunikation findet immer statt, wenn zwei oder mehr Menschen zusammen sind. Sie findet einerseits verbal (mit Worten) statt. Gleichzeitig kommunizieren wir mit unserem Blickverhalten, mit der Mimik, mit unserer Körperhaltung, unseren Bewegungen und auch mit unseren Handlungen.

Wenn mich jemand fragt, ob ich den Tisch decke, kann ich, ohne zu antworten oder die Person anzuschauen, damit beginnen, den Tisch zu decken. Damit sende ich mehrere Informationen (und kommuniziere daher), so zum Beispiel: 

- Ja, ich decke den Tisch.

- Ich möchte oder kann jetzt nicht mit dir reden.

- Ich kann oder möchte dich jetzt nicht anschauen.

Wenn ich es "richtig" mache, kann ich dann mit allen Menschen ein Gespräch führen?

Nein. Keine Haltung oder Technik der Welt garantiert dir, dass du mit einer bestimmten Person ein Gespräch führen kannst oder gar, dass diese Person sich auf das einlässt, was du ihr sagen möchtest. Es kann sein, dass jemand:

  • generell nicht mit dir reden möchte.
  • in einer bestimmten Situation oder zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht mit dir reden möchte.
  • mit dir nicht über bestimmte Themen reden möchte.
  • usw.

Was nützt denn Gewaltfreie Kommunikation, fragst du dich vielleicht

Die Haltung und Technik der Gewaltfreien Kommunikation hilft dir dabei:

  • Deine Emotionen zu regulieren. Denn wenn du wütend, verärgert oder genervt bist oder du dich schuldig fühlst, stehen die Chancen für ein verbindendes und konstruktives Gespräch von Anfang an schlecht.
  • Klarheit darüber zu erlangen, worum es dir in einer bestimmten Angelegenheit geht. Damit sind insbesondere die Bedürfnisse gemeint, die für dich in Bezug auf eine Situation im Vordergrund stehen. Dieser Punkt ist wichtig. Denn häufig meinen wir zu wissen, was wir wollen und beziehen uns damit auf Strategien. Wenn wir dann unser Gegenüber damit konfrontieren, stehen die Chancen auf eine Lösung schlecht.
  • Dich - falls du das möchtest - schon vor dem Gespräch in die Situation des Gegenübers zu versetzen und herauszufinden, worum es dem Gegenüber gehen könnte. Auch hier beziehe ich mich insbesondere auf die Bedürfnisse. Wenn du Vermutungen über die Bedürfnisse des Gegenübers anstellst (ohne moralische Urteile, ohne Diagnosen oder intellektuelle Erklärungen von dir), baust du deine moralischen Urteile über diese Person ab. Dies wiederum ist der wichtigste Erfolgsfaktor für ein zielführendes Gespräch.
  • Deine Anliegen so zu formulieren, dass die Chancen für ein kooperatives Verhalten deines Gegenübers stark steigen.
  • Das Gespräch so zu führen - wenn du das möchtest - dass du empathisch auf dein Gegenüber eingehen kannst. Damit erhöhst du die Chancen, dass sich dein Gegenüber auf dein Anliegen einlässt.

Hilft also die Gewaltfreie Kommunikation bei allen Menschen?

Ja und Nein. 

  • Wenn dir die Haltung und Perspektive der GFK gefällt und du sie als hilfreich erlebst, dann tut sie das, selbst wenn du kein Gespräch mit der Person führst, mit der du einen Konflikt hast.
  • Für die Kommunikation mit den meisten Menschen, ist die Anwendung der Haltung und Gesprächstechnik hilfreich. Dabei ist die Haltung entscheidender als die Gesprächstechnik. Denn die Haltung bestimmt, ob du mit oder ohne moralische Urteile in ein Gespräch gehst - und das macht 90% des Erfolgs aus.
  • So, wie du deine Sprache und deine Wortwahl auch sonst bei unterschiedlichen Menschen anpasst (du sprichst ja nicht gleich mit deinem eigenen Kind wie mit einem Fremden, mit deiner Vorgesetzten wie mit einer Arbeitskollegin usw.), musst du auch mit GFK deine Sprache und deine Wortwahl anpassen.

Und so fliesst die GFK in deine Gespräche ein: 

  • Durch deine Emotionsregulation.
  • Durch deine Gesprächsvorbereitung.
  • Durch dein Bestreben, keine moralischen Urteile zu fällen.
  • Durch deine Klarheit darüber, was du möchtest und was nicht.
  • Durch dein Wissen und deine Technik (oder Strukturen), welche dir helfen, den Fokus im passenden Moment auf die aktuell hilfreichsten Fragen oder Gesprächsthemen zu lenken.